Haushaltsrede 2023
„Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen oder der Krieg setzt der Menschheit ein Ende“. Dieses Zitat von John F. Kennedy ist Jahrzehnte alt und mit seinen mahnenden Worten leider brandaktuell. Aus dem Kontext einer globalen Bedrohung für den Weltfrieden mitten im Ost-West-Konflikt trägt dieser Befund bis heute. Erwiesenermaßen war der amerikanische Präsident kein Pazifist, jedoch war er sich der zerstörerischen Gefahr eskalierender Konflikte bewusst, denen es damals wie heute, selbstbewusst und aufrecht zu begegnen gilt.
Überzeugungen standhaft verteidigen
Unser Land, verbündete Nationen und ein Großteil der Staaten der Erde stehen, wie die UN-Resolution zur Verurteilung des Russischen Angriffes auf die Ukraine in der vorletzten Woche gezeigt hat, vereint gegen Wladimir Putin, den Verursacher des schrecklichen Krieges mitten in Europa. Diesem Konflikt können wir nur ein Ende setzten, wenn sich die russische Aggression nicht durchsetzt. Frieden wird dort auch mit westlicher Unterstützung erkämpft. Scheitert die Ukraine in der Verteidigung ihres Territoriums, scheitern auch wir: nicht nur bei der völkerrechtlich gebotenen Unterstützung eines souveränen Staates, sondern auch mit unserem Entwurf vom freien, selbstbestimmten und friedlichen Zusammenleben auf unserem Kontinent. Militärisch auf Europa begrenzt, werden wir Zeugen einer Weltkrise mit Verwerfungen in Politik und Wirtschaft, in globaler Lebensmittel- und Energieversorgung. Nach der Corona-Pandemie sind erneut die ärmsten Menschen die Hauptleidtragenden dieser in jeder Hinsicht lebensfeindlichen Entwicklung. Insofern steht auch die elementare Grundversorgung von Hunderten Millionen Menschen auf dem Spiel. Für den relativen Wohlstand, wirtschaftlichen Reichtum und Handlungsfähigkeit unserer staatlichen Ebenen hier in Deutschland müssen wir dankbar sein, gilt es doch erneut, auch hier in Walldorf, die Bevölkerung möglichst unbeschadet durch diese Krise zu manövrieren. Gemeinsam wird uns das mit Bürgerschaft, Politik und Verwaltung gelingen.
Komplexe Aufgaben bewältigen
Flucht und Vertreibung gehört zu den traurigen Realitäten in der Welt und unmittelbar vor unserer Haustür. Unterbringung und Integration Geflüchteter fordern die kommunale Leistungsfähigkeit heraus. Die Krisen der jüngeren Vergangenheit haben zwar einerseits eine gewisse Reaktionsfähigkeit begründet, andererseits aber auch finanzielle und personelle Ressourcen strapaziert. Gleichwohl ist es Verpflichtung und Anspruch zugleich, Zuwanderung menschlich zu gestalten, Härten der Energiekrise abzufedern, das soziale Gefüge innerhalb der belastenden Inflation zusammenzuhalten und parallel die großen ökologischen und ökonomischen Herausforderungen nicht aus den Augen zu verlieren. Zugegebenermaßen eine Herkulesaufgabe. Auswirkungen des Krieges in der Ukraine fügen sich nahtlos in die Palette des vor Ort zu Leistenden ein und prägen viele der auch im laufenden Jahr anstehenden Entscheidungen. Dankbarkeit ist auch hier angezeigt, können wir doch weiterhin über beträchtliche Mittel verfügen und Pflicht- und Freiwilligkeitsleistungen sowie Investitionen in den von uns in fünf Bereiche eigeteilte Felder der Kommunalpolitik gewährleisten.
1. Umwelt- und Klimaschutz
In den Köpfen ist der Klimawandel genauso angekommen wie in den Wäldern und in unseren Gewässern. Bereits seit Jahren verstärken wir in Walldorf unsere Anstrengungen. In unserer lokalen Begrenztheit muss die Klimafolgenanpassung jedoch einen gleich hohen Stellenwert genießen, können wir zwar Vorbild für andere Kommunen sein, Entscheidungen außerhalb unserer Gemarkung aber nur sehr eingeschränkt beeinflussen.
Eigene Potenziale ausschöpfen
Wesentlich sind für uns hierbei die maximale Ausschöpfung städtischer Fördermittel bei der Gebäudesanierung und die optimale Umsetzung der Sanierungsstrategie kommunaler Gebäude. Ergänzend zur Installation von entsprechenden Photovoltaikanlagen schlagen wir einen Ausbau von Dachbegrünungen beispielsweise auf städtischen Garagen vor. Ebenso ist es richtig, in Anbetracht des großen Potenzials den Zubau von Freiflächenphotovoltaikanalagen voranzutreiben und Standorte für Windkraftanlagen erneut zu prüfen. Anerkennung verdient die Photovoltaikoffensive. Wir müssen immense Fördergelder unter das Volk bringen, um nennenswerte Effekte zu erzielen, zumal Hemmschuhe zweifellos die Preisentwicklung der Module und die Verfügbarkeit an Fachfirmen sind - ein vor Ort nicht zu lösendes Problem.
Pragmatisch und technologieoffen zur Klimaneutralität
Der kürzliche Beschluss von elf äußerst ambitionierten Klimaleitzielen verlangt nach baldiger Beratung über konkrete Maßnahmen. Bereits jetzt stehen für uns hierbei einige Gewissheiten fest: Auf dem Pfad zur Klimaneutralität 2040 muss die Technologieoffenheit gewahrt bleiben. Dies hat auch die Nationale Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) in der letzten Woche der Bundesregierung empfohlen. Während die Planung eines Wärmenetztes eigentlich gar nicht schnell genug erfolgen kann, müssen wir auch die Verwendung von Wärmepumpen aller Art bewerben und die Einsatzfähigkeit unseres Gastnetzes so lange wie möglich und nötig gewährleisten, zumal die Zukunft alternativer Brennstoffe und die der Wasserstofftechnologie sich noch nicht so klar abzeichnen. Die Sanierungsquote privater Bauten aus dem Stand zu vervielfachen ist nicht erreichbar, insofern gilt besonders bei unmittelbar kommunalen Zuständigkeiten wie dem Forst, städtischen Grünflächen oder den eigenen Liegenschaften weiterhin und zukünftig das Höchstmaß an Klimaschutz zu erreichen. Trotz wichtiger Quartierkonzepte und sachverständigem Sanierungsmanager im Hause müssen wir auch verstärkt auf die Expertise von Schornsteinfegern und Gebäudeenergieberatern setzten, um potentiell Sanierungswillige zu informieren und zu adressieren sowie zuverlässige Planungen zu ermöglichen. Erreichen wir eines der Ziele nicht, muss ein anderes übertroffen werden. Eine gleichwohl offene, verständliche und gewinnende Kommunikation mit der Bevölkerung ist zudem unentbehrlich. Zweifel an der Relevanz der Klimaziele kann jeder haben, der die Berichterstattung über massive chinesische Investitionen in Kohlekraftwerke verfolgt. Dennoch dürfen wir nicht zögern, hier vor Ort für lokale Erfolge beim Klimaschutz einzustehen, während unser Land vor allem weltweit anwendbare technologische Lösungen zur Klimakrisenbewältigung erarbeiten muss. Gemäß Bertold Brecht gilt: „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
Unser Wald: Die Zeichen der Zeit erkannt
Der Umweltschutz als andere Seite der gleichen Medaille nimmt einen großen Stellenwert unserer politischen Agenda ein. Unser Forst ist auch ein kommunales Kulturgut. Investitionen in seine Pflege, seinen Erhalt und seinen Umbau sind unersetzlich. Gott sei Dank verfügen wir mit unserem Revierförster Gunter Glasbrenner und seinen Mitarbeitern über ein Team, dass seit Jahren die Zeichen der Zeit zu erkennen und zu deuten weiß. Hier werden die Weichen für die Zukunft mit Tatkraft und Bedacht gestellt, auch wenn der Wald für zukünftige Generationen anders aussehen wird als in der Vergangenheit. Auch dort, wo Bäume sterben und Schneisen geschlagen werden, keimt Leben auf, teils mit beeindruckender Vielfalt in Fauna und Flora. Auf diese Zeichen der Hoffnung wollen wir aufbauen.
Artenschutz und Stadtentwicklung im fairen Miteinander
Teile der Grundsätze einer klimaresistenten Bepflanzung sollten auch auf private Gärten übertragen werden. Auch der Artenvielfalt zuliebe. Überhaupt bejahen wir Maßnahmen zum Artenschutz auf unserer Gemarkung, was natürlich ausdrücklich auch das Wohl der Haubenlerche einschließt. Die Allgemeinverfügung zu deren Schutz steht momentan aus behördlicher Sicht nicht zur Debatte und so gilt es, für das zukünftige Miteinander von Wild- und Haustieren die Bemühungen zum Erhalt dieser Art auch im Hinblick auf die Stadtentwicklung zu optimieren.
Walldorfer Bedürfnisse berücksichtigen
Das Förderprogramm zur Starkregenberatung und den zu erstellenden Hitzeaktionsplan zur Klimafolgenanpassung begrüßen wir. Während wir von Trinkbrunnen im öffentlichen Raum wegen Aufwand und mangelnder Zweckmäßigkeit Abstand nehmen wollen, sehen wir beispielsweise auch im Bereich moderner und umweltschonender Kühlsysteme in der kommenden Senioreneinrichtung eine hohe Priorität.
2. Verkehr und Mobilität
Die Mobilitätswende als Summe von Antriebs- und Verkehrswende stellt zweifellos einen wesentlichen Baustein in der Veränderung hin zu einem Ressourcen schonenden Lebensstil dar. In der politischen Debatte erkennen wir jedoch zunehmend eine ideologische Belastung der Thematik. Die Umstellung aller PKWs in der EU auf Batteriebetrieb in den kommenden Jahren würde einerseits eine enorme Menge an Strom beanspruchen, andererseits den globalen CO2- Ausstoß nur gering beeinflussen. Wir sehen hierin unsere heimische Industrie unter enormem Druck, blenden aber zu stark das Emissionsaufkommen von LKWs, Bussen, Flugzeugen und Schiffen aus. Daher gilt unser Plädoyer nicht einem Verharren bei fossilen Brennstoffen, sondern vielmehr einer Technologieoffenheit unter Berücksichtigung von Wasserstoff, E-Fuels und eines möglichst kostenlosen ÖPNV. Löblicherweise wurde Letzteres in Walldorf bereits verwirklicht.
Konzepte nicht um der Konzepte willen…
Diese Tatsache und unsere Bemühungen um Fuß- und Radverkehr gerade im Hinblick auf Öffentlichkeitsbeteiligung sind zwar hervorzuheben, jedoch werden sie nur geringfügig die individuellen Fortbewegungsarten beeinflussen. Wir müssen unsere Verkehrskonzepte stark auf die Walldorfer Bedürfnisse konzentrieren und Schnittmengen zwischen ihnen weiterverfolgen, einschließlich der Belange des ruhenden Verkehrs. Nicht alles, was technisch möglich ist, macht auch Sinn, dafür sind auch unsere Ressourcen zu begrenzt. Der Fokus auf schnell umzusetzende Maßnahmen wie Piktogramme, punktuelle bauliche Optimierung, die maßvolle Umsetzung von VRN-Nextbike, die heute zu beschließende Erweiterung des Car-Sharing Angebotes und eine angepasste Beschilderung ist absolut richtig. Die Fahrradstraße in der Kurpfalzstraße muss auf Nutzung und Verkehrsgefahren hin kritisch begleitet werden. Skeptisch sind wir beim Kosten-Nutzen-Verhältnis von Radschnellwegen, auch in punkto Flächenverbrauch. Zweckmäßige Verbindungen wie eine Fahrradbrücke nach Wiesloch auf Höhe des Klärwerks erhalten von uns hingegen Unterstützung. Bedauerlicherweise war der Ausstieg aus dem Modellprojekt RegioWin unumgänglich, was uns nicht daran hindert, die freiwerdenden Mittel in eben diesem Bereich der Haushaltsplanung zu belassen.
(Innen-)Stadtentwicklung und Verkehr bedingen einander
Wir warnen vor einem unbedachten Rückbau von kostenlosen PKW-Stellplätzen. Würde man den östlichen Teil der Hauptstraße mit Ausfahrt Karlstraße zu einer Einbahnstraße machen, wäre allen Verkehrsteilnehmern ein Dienst erwiesen, ohne dass der Einzelhandel wie im Falle einer Sperrung Einbußen hinzunehmen hätte. Walldorf ist nach wie vor als ländlich zu bezeichnen und gerade deshalb ist der motorisierte Individualverkehr nicht wegzudenken, sondern nur mit vernünftigen Maßnahmen langfristig zu reduzieren.
Denken wir an die Quartierskonzepte und die zugehörige Beratung durch Herrn Horny, so muss auch die Stellplatzsituation auf privaten Grundstücken gerade im Stadtkern berücksichtigt werden. Das uns Mögliche sollten wir schleunigst umsetzen; was die uns umgebende Infrastruktur angeht, so erleben wir, wie langatmig Planung und Umsetzung von wesentlichen Großprojekten wie Autobahnausbau, Erweiterung der L723 und Bau einer neuen Bahntrasse verlaufen. Die Wünsche nach verkürzten Verfahren und Umsetzungen müssen sich leider der Realität beugen. Umso mehr betonen wir, was in Walldorf alles angegangen wird.
3. Bau- und Stadtentwicklung
Anlauf für Langersehntes
Letztes Jahr war der Standort des neuen Feuerwehrhauses noch nicht beschlossen. Hier sind wir weiter gekommen und warten im Interesse unserer leistungsstarken und hoch motivierten Wehr ungeduldig auf die nächsten Schritte, insbesondere im Zusammenhang mit dem Rückbau der Tabakscheune und der nötigen Unterführung unter der B291. Zufrieden sind wir mit der Beschlusslage zum Standort und zum Raumprogramm des dringend erforderlichen Pflegeheims in Walldorf Süd. Die demographische Entwicklung erfordert eine große Palette an Leistungen, von denen wir der Tages- und Kurzzeitpflege einen besonders hohen Stellenwert beimessen. Da räumliche Großzügigkeit für unsere Seniorinnen und Senioren wünschenswert und erforderlich sind, vermuten wir, nicht alle Angebote an einem Standort ausreichend berücksichtigen zu können.
Beschlüsse ernst nehmen und befolgen
Wir bestehen weiter auf die Umsetzung unseres beschlossenen Antrages zum Eintritt in Kaufverhandlungen der Gärten an der Kurpfalzstraße. Mehrfach wurde das von uns eingefordert, von Kollegen anderer Fraktionen angemerkt und so fragen wir uns zunehmend irritiert, warum die Verwaltung hier nicht tätig geworden ist. In dieser Sache betrachten wir uns nicht ernst genommen und den zwei Jahre alten Beschluss als vernachlässigt, gehen jedoch von einer baldigen Befassung aus.
Kommunaler Wohnungsbau mit veränderten Anforderungen
Auf dem Feld des kommunalen Wohnungsbaus macht die Sanierungsoffensive deutliche Fortschritte. Wir begrüßen die Sanierungen in der Ziegel- und Nußlocher Straße, den Neubau in der Heidelberger Straße wie auch den Siegerentwurf zum Neubau in der Wieslocher Straße. Die von uns seit Jahren monierten Altlasten verschwinden aus dem Stadtbild. Den Bewohnern vor allem sei es von Herzen gegönnt. Wohnraumverwaltung muss sich immer neu den Anforderungen der gesellschaftlichen Entwicklung und der politischen Rahmenbedingungen anpassen. Darauf müssen wir achten und wissen den Eigenbetrieb bei Herrn Högerich in kompetenten Händen. Es ist enorm wichtig, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, jedoch stellen uns die landesgesetzlich geregelte erweiterte Berechtigung hierzu und die Anschlussunterbringung Geflüchteter vor zusätzliche Herausforderungen. Mehr Bewerber führen keineswegs automatisch zu mehr Wohnraum. In Walldorf tun wir das Mögliche; nun auch im Bereich des modularen Wohnbaus. Demgegenüber skeptisch, wenn auch offen, erwarten wir dabei funktionale und zugleich städtebaulich vertretbare, wenn nicht sogar mustergültige Lösungen. Sobald unser mit Arbeit stark eingedecktes Bauamt die Möglichkeit hierzu hat, müssen wir uns der Baulücke im Innenbereich der Kolpingstraße und einer baulichen Aufwertung unserer Objekte im Bereich der Heidelberger Straße/Ecke Äußere Ringstraße zuwenden.
Moderner und gepflegter Parkraum
In der jüngeren Vergangenheit haben sich unsere Gremien auch mehrfach mit dem öffentlichen Parkraum befasst. Neben der Auffindbarkeit der Parkhäuser und -plätze liegt unser Fokus wie in Tiefgarage Karlstraße auch auf einem guten Zustand der Objekte mit gelegentlichen Auffrischungen oder Renovierungen. Tiefgaragen können wie in ebendiesem Fall auch zu Vandalismus einladen oder schlimmstenfalls Angsträume darstellen. Insofern stehen wir einer Kameraüberwachung, wie sie jedes private Parkhaus oder jedes größere Geschäft ganz selbstverständlich vornimmt, offen gegenüber. Ganz nebenbei ist unserer Auffassung nach eine erweiterte Kameraüberwachung neuralgischer Plätze oder bestimmter sensibler Bereiche ggf. von Vorteil, zur Abschreckung von Straftätern oder zur späteren Aufklärung.
Infrastruktur auf der Höhe der Zeit
Messen lassen muss sich unsere kommunale Leistungsfähigkeit auch an den Parametern Glasfaserausbau, Dachständerrückbau und Mobilfunk. Gerade Letzteres führt zu Unmut und berechtigter Kritik. Nach der erneuten politischen Auseinandersetzung infolge der von uns neu initiierten Debatte haben wir große Erwartungen an eine hoffentlich unmittelbare Standortlösung. Ebenfalls stehen die Entwicklung des letzten Bauabschnittes von Walldorf Süd wie auch eine Novelle der bisherigen Passivhaus-Richtlinie auf unserer Agenda. Sowohl das Stadtbauamt mit Herrn Tisch als auch die Stadtwerke haben unsere volle Unterstützung; ersteres ggf. auch bei der Überarbeitung von teils in die Jahre gekommenen Bebauungsplänen.
4. Bildung, Soziales und Kultur
Sozialer Kitt unserer Gesellschaft
Viel Lob und ein großes Dankeschön gelten allen im sozialen Bereich ehrenamtlich Aktiven. Im Jahr eins nach Corona seien sie zuerst genannt, helfen Sie bei Tafel, Plattform, Begegnungshaus, Hilfe zur Selbsthilfe, den kirchlichen und anderweitigen Initiativen wie dem Walldorfer Mittagstisch oder dem Seniorenbus doch nicht nur generell und fortwährend Menschen in sozialen Notlagen, sondern auch verstärkt und akut in der Energiekrise und der gegenwärtigen Welle Geflüchteter. Der Zustrom an Menschen bei den caritativen Einrichtungen ist auch Gradmesser für das Wohlstandsgefälle in unserer Gesellschaft, in unserem Land und auch in unserer Stadt. Was der Sozialstaat nicht aufzufangen vermag - vielleicht auch weil er trotz teilweise ausufernder Komplexität punktuell versagt-, bedarf der Mitwirkung ehrenamtlicher Initiativen. Diese zwischenmenschliche Uneigennützigkeit verdient die Unterstützung unserer reichen Stadt und die all ihrer Bewohner.
Die Öffentliche Zuständigkeit hat Grenzen
Wir sind zudem der Auffassung, dass zukünftig der Eigenverantwortung mehr Bedeutung zukommen wird. Staatliche Stellen, zu denen zuallererst auch die Kommunen zählen, dürfen nicht mit zu vielen Aufgaben betraut werden. In diesem Sinne lehnen wir beispielsweise auch die Bereitstellung von kostenlosen Menstruationartikeln in öffentlichen Toiletten, wie hier im Rat zuletzt zur Prüfung beantragt, ab. Nicht aus mangelnder Sensibilität oder fehlendem Problembewusstsein heraus, sondern aus der auch von der Stadtverwaltung ursprünglich beschriebenen Grundhaltung, öffentliche Zuständigkeiten nicht auf diese privaten bzw. intimen Bereiche weiter auszudehnen.
Nicht wegzudenkende Leistungsträger
Neben der direkten Bezuschussung aller auch hier nicht genannter Einrichtungen stehen wir zu einer intensiven Vereinsförderung, auch im kulturellen und sportlichen, wie auch im so genannten Blaulichtbereich. Jedes aktive Vereinsmitglied wird sicherlich aufatmen, dass Restriktionen des Infektionsschutzes fast gänzlich überwunden sind. Noch mehr als zuvor erkennen wir an, wie sehr das Vereinsleben und das Ehrenamt unsere Stadt überhaupt erst lebenswert machen.
Investieren in die Zukunft unserer Kinder
Wir blicken auf eine jahrzehntelange Tradition als Bildungsstadt zurück. Im strukturellen Bereich unterstützt die Kommune nach Kräften die Weichenstellungen für unsere Kinder und Jugendlichen. Den haupt- und ehrenamtlich Engagierten im städtischen und kirchlichen Betreuungs- und Bildungsbereich danken wir sehr herzlich; ebenso denen in Trägerschaft der Zipfelmützen.
Ausdruck des städtischen Engagements sind auch Umbau und Erweiterung der Waldschule, die sowohl Belange zeitgemäßer Verpflegung im Ganztagesbetrieb, als auch steigender Schülerzahlen im Primar- und Sekundarbereich Rechnung tragen. Trotz enorm hoher Baukosten stehen wir zu diesem Projekt genauso entschieden wie auch zur baulichen Ertüchtigung des Gebäude-Altbestandes an der Schillerschule, in dessen Planung wir alsbald einsteigen müssen. Indes möchten wir in Sachen Waldschule auch die flankierenden Maßnahmen der Verkehrssituation und der Aufwertung des umgebenden Baumbestandes in enger Abstimmung mit dem Forst betonen. Aus ökologischen Gründen, aber auch zur Erhaltung des namensgebenden Waldbildes hatten wir als Fraktion letztere Maßnahme erfolgreich beantragt.
Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen
Unser gemeinsamer Antrag mit den Grünen zu einer Aufwertung der Gemeinschaftsverpflegung mündete nach einer intensiven Befassung in einem Eckpunktepapier für ein kommunales Verpflegungskonzept. Wir sind zuversichtlich, hierin qualitative, aber auch saisonal-regionale Kriterien zu verankern, zumal einer im Ablauf pädagogisch durchdachten, altersgerechten und hochwertigen Verpflegung im Entwicklungsinteresse unserer Kinder höchste Bedeutung beigemessen werden muss.
Räumliche und personelle Anforderungen berücksichtigen
Die Änderung der Schulbezirksgrenzen zum übernächsten Schuljahr begrüßen wir, hätten uns jedoch gewünscht, das die gegen unsere Stimmen und das Prinzip „Kurze Beine - Kurze Wege“ beschlossene Variante noch in das zugrunde liegende Gutachten eingearbeitet worden wäre. Wenn schon eine gutachterliche Begleitung, dann bitte konsequent und bis zum Ende.
Kommunale Betreuung erfordert vor allem qualifiziertes Personal in großer Anzahl. Wollen wir unsere Standards erhalten, ist es im Sinne eines guten Betriebsklimas und langfristiger Beschäftigungsverhältnisse elementar, Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Mitarbeitenden beispielsweise durch die praxisintegrierte Ausbildung weiterhin eng zu begleiten. Entsprechend der Internationalität unserer Stadt unterstützen wir die kommunale Sprachförderung an den weiterführenden Schulen, allerdings ohne das Erfolgskonzept im Primar- und Elementarbereich zu schwächen.
Bausteine der Bildungslandschaft
In das Lob für die verdienstvolle Arbeit im Bildungswesen wollen wir auch Stadtbücherei, Volkshochschule und Musikschule miteinschließen. Für letztere wünschen wir uns eine räumliche Ergänzung, gerade im Bereich von Musikerziehung und Ensemblearbeit. Herzlicher Dank auch an die Eltern und Ihre Mitwirkung in der vergangenen pandemiegeprägten Zeit.
Bedenkt man, inwiefern die Stadt Walldorf mit W-LAN-Versorgung, mobilen Endgeräten und Luftfiltern unsere Bildungs- und Betreuungseinrichtungen nachhaltig unterstützt, so müssen wir anerkennen, in einer so von Wohlstand gesegneten Kommune zu leben.
5. Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung
Die Inflation: Unser Wohlstand in Gefahr
Bereits im vergangenen Jahr haben wir eine hohe Teuerungsrate aufziehen sehen, keinesfalls jedoch in diesem Umfang. Der soziale Sprengstoff ist spürbar. Momentan schaffen es die staatlichen Ebenen noch, mit Hilfspaketen und Preisbremsen die schwerwiegendsten Verwerfungen abzumildern. Doch auch dieser Spielraum ist beschränkt. Umso mehr ist richtig, hier in Walldorf die Abgabenlast der Bevölkerung und der Wirtschaftsunternehmen gering zu halten.
Der explodierenden Grundsteuerbelastung begegnen
In Anbetracht einer stark steigenden Grundsteuerbelastung stehen wir als Fraktion mit der Landespolitik im Dialog, um Änderungen an der problematischen Reform anzuregen. Auf kommunaler Ebene gilt es indes, Spielräume auszuloten, um Mehrbelastungen der Bevölkerung zumindest abzumildern.
Wettbewerbsfähigkeit vor Ort unterstützen
Wir müssen als Wirtschaftsstandort attraktiv bleiben, nah an den Bedürfnissen der Betriebe vor Ort. Dies stellen wir auch vor dem Hintergrund einer verschlechterten internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes fest. Den finanziellen Wohlstand an die Bevölkerung zurückzugeben schließt auch zukunftsfähige Infrastruktur mit ein. Bei Verkehr, kommunalen Förderungen, Umweltschutz und Energieversorgung haben wir immense Herausforderungen vor der Brust, insofern ist die Bereitstellung von Liquidität eben dafür unsere vordringliche finanzielle Aufgabe. Nicht zuletzt ist die Stadt Walldorf als Auftraggeber auch ein nicht zu vernachlässigender Faktor im wirtschaftlichen Leben.
Unnötige Risiken vermeiden…
Gewerbesteuerrückzahlungen im mehrstelligen Millionenbereich haben im Übrigen gezeigt, wie sehr wir von einer konservativen Rücklagenpolitik, einer maßvollen Haushaltsplanung und einem vorausschauenden Risikomanagement profitieren. Die Bezahlbarkeit von Kern- und Freiwilligkeitsleistungen sowie Investitionen in konkrete Projekte bei Städtebau oder unseren Beteiligungen haben für uns grundsätzlich Vorrang vor langfristigen Vermögensanlagen, erst recht vor keineswegs verpflichtenden Fondslösungen, die man zwar jeder Privatperson, keineswegs aber einer Körperschaft wie Walldorf empfehlen kann.
… und dennoch mutig und clever investieren
Überhaupt sehen wir großes Potential in unserer wichtigsten Beteiligung, den Stadtwerken. Unter Stärkung des Unternehmerprinzips setzen wir dort weiterhin auf innovative Investitionsvorhaben und eine Beibehaltung des verbreiterten Betätigungsfeldes. Starke Stadtwerke als wichtiger Baustein in der Energiewende müssen in der Lage sein, Gewinne im Dienste unserer Heimatstadt zu erwirtschaften, Strom-, Wasser-, Gas-, Glasfaser und zukünftig womöglich Wärmenetze fortschrittlich betreiben und so schnell wie möglich auch wieder kundenfreundliche Preise anbieten. Ebenso sehen wir dort die Möglichkeit weiterer Fördertatbestände im Sinne von aktivem Klimaschutz und Kundenbindung.
Öffentlichkeitsarbeit: Transparent und einladend
Durch den personellen Aufwuchs bei der städtischen Öffentlichkeitsarbeit sehen wir auch die Chance einer erhöhten Schlagkraft, auch in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung. Die Inanspruchnahme unserer Förderprogramme kann davon ebenso profitieren wie die Rolle der Stadt Walldorf im Zusammenhang mit Ankauf oder Vermittlung von Gewerbeflächen, wie es bei dem nun hier ansässigen Unternehmen John Deere hervorragend gelungen ist. In diesem Fall, bei Schweickert, Lamtec und vielen anderen Unternehmen freuen wir uns über die Entscheidung für und die Treue zu unserem Standort.
Gleichwohl erkennen wir weiterhin ein Defizit beim Informationsstand unserer Bevölkerung bei kommunalpolitischen Themen. Daher rufen wir unseren bereits vielfach beratenen Antrag zu Maßnahmen der Auflagensteigerung der Walldorfer Rundschau in Erinnerung. Seit jeher bietet sie nach Inhalt und Form wertvolle Informationen, die verstärkt publiziert werden müssen. In Rücksichtnahme auf eine unsichere Haushaltslage hatten wir diesen Punkt einvernehmlich vertagt.
Für das laufende Jahr bitten wir auch um einen Sachstand, was das digitale Leistungsangebot unserer Stadtverwaltung angeht. Hier im interkommunalen Vergleich Vorreiter zu sein, ist unser Anspruch, auch ohne die persönliche Nähe zur Bevölkerung zu vernachlässigen.
Leistungsstärke, aber keine Überforderung
Allein schon die demographische Entwicklung der Gesellschaft zwingt zu erhöhten Anstrengungen bei Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung. Hinzu kommt der Zuwachs an Aufgaben für die einzelnen Kommunen. Auch wenn wir uns zu einer großen Leistungspalette sowie aus unserer Parteitradition heraus zum Subsidiaritätsprinzip bekennen (also dem Grundsatz, Aufgaben nach Möglichkeit nicht durch staatlich übergeordnete Stellen zu erfüllen), ist auch die Leistungsfähigkeit unserer Stadt unter den gegebenen Bedingungen begrenzt. Höhere Ebenen der öffentlichen Verwaltung müssen diese Problematik zur Kenntnis nehmen.
Einer für alle, alle für Einen
Umso mehr sind wir dankbar für die entrichteten Steuern und Abgaben aller großen und kleinen Unternehmen, allen voran der SAP, und aller Privatpersonen. Erst dadurch werden wir in die Lage versetzt, weitreichende Beschlüsse für die gegenwärtige und zukünftige Verfassung unserer Heimatstadt zu treffen. Ebenso bedanken wir uns für die Gemeinwohlorientierung vieler Menschen und Unternehmen vor Ort. Caritatives Engagement ist bedeutsam und wird noch wichtiger, um einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken - im täglichen Miteinander genauso wie in der Bewältigung von globalen Krisen. Niemals darf bei der öffentlichen Konzentration auf Maßnahmen der Klima- oder internationalen Sicherheitspolitik die soziale Dimension all unserer Entscheidungen außer Acht gelassen werden. Gerade hier vor Ort muss das die Maxime unseres Handelns sein. „Nur eine solidarische Welt kann eine gerechte und friedvolle Welt sein“ - konstatierte Altbundespräsident Richard von Weizsäcker bereits vor Jahren. In diesem Sinne und in der Überzeugung, mit dem heutigen Beschluss viele Belange einer hoffnungsvollen zukünftigen Entwicklung unsere Heimatstadt zu berücksichtigen, stimmen wir dem Entwurf des Haushaltsplanes zu. Wir bedanken uns bei der gesamten Stadtverwaltung mit Bürgermeister, Erstem Beigeordnetem, Fachbereichsleitern sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus, den Beteiligungen und Zweckverbänden und auch in sämtlichen Außenstellen für die geleistete Arbeit. Ein besonderer Dank an unseren Kämmerer Boris Maier für die Erstellung des Haushaltsplanes.